Eine Kuh gibt Milch und landet irgendwann als Stück Fleisch auf dem Teller. Diese – zugegebenermaßen provokante – Darstellung verkennt allerdings das wahre „Talent“ der Paarhufer: Sie sind kleine Kraftwerke. Die Ausscheidungen in Form von Gülle und Mist liefern mehr erneuerbare Energie als gemeinhin angekommen, vorausgesetzt natürlich, sie landen in einer Biogasanlage. Eine einzige Kuh kann 8,3 Kilowattstunden pro Tag produzieren, ausgehend von fünf Kilo Mist und 80 Liter Gülle. Das entspricht dem Bedarf eines durchschnittlichen Haushaltes und ließe sogar noch Luft nach oben.
Das Energiepotenzial einer Kuh liege über dem normalen Stromverbrauch, selbst wenn alle Geräte eingeschaltet seien – sagt Christiane Rieker. Sie hat sich im Rahmen einer Studie näher mit dem Thema befasst und kommt zu dem Ergebnis, dass alleine in der Schweiz angesichts von 1,6 Millionen Rindviechern 4.854 Gigawattstunden (GWh) erneuerbare Energie pro Jahr möglich wären und damit acht Prozent des gesamten Bedarfs der Eidgenossen gedeckt werden könnten. Das sind zwar nur theoretische Werte. Der Vergleich mit dem Atomkraftwerk Mühleberg, das rund 3.000 Gigawattstunden pro Jahr liefert, beweist aber, dass es durchaus Alternativen zu Atomstrom gibt.
Sie werden nur nicht konsequent genutzt. Bislang sind 80 landwirtschaftliche Biogasanlagen in der Schweiz in Betrieb. Sie kommen auf insgesamt 33 GWh und können 7.300 Haushalte mit Energie versorgen. Auf dem Papier wäre es möglich, bis zu einer Millionen Haushalte Energie aus Gülle und Mist zu liefern. „Das Potenzial von Biomasse aus Gülle ist noch lange nicht ausgeschöpft“, so Christiane Rieker. Das Problem in der Schweiz sei der längst leere Fördertopf. Trotzdem gehen nach wie vor Anträge ein und lassen die Warteliste immer länger werden. Daran ändert auch die Idee, die Beiträge für erneuerbare Energie von 0,6 auf 0,9 Rappen je Kilowattstunde anzuheben, nur wenig. Nötig seien Subventionen und Investitionen in die Infrastruktur, um das Nebenprodukt der Kühe effizienter zu nutzen.
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